Es ist kaum zu glauben, aber kaum bin ich in Uganda angekommen, ist schon ein ganzer Monat vorbei. Und das ohne dass die mannigfaltigen Befürchtungen diverser Leute in Erfüllung gegangen sind. Denn Tatsache ist, dass ich weder von den Einheimischen gekocht, von Malaria dahingerafft, von Krokodilen gefressen oder aber von Rebellen entführt worden bin. Wer nun glaubt dass, dies allein meiner Zähigkeit, meinen Taekwondokünsten und meinem Überlebenswillen zu verdanken ist, den muss ich leider enttäuschen. Tatsächlich geht es hier in Ostafrika nicht halb so gefährlich zu wie allgemein angenommen (Die Gewehrschüsse gestern Abend waren angeblich weit weg).
Stattdessen stellen sich einem im Alltag ganz gewöhnliche Probleme in den Weg: Wie komme ich am besten zur Arbeit? (die Antwort ist: eine Halbe stunde Laufen) Reis, Matoke oder Poscho, mit Bohnen oder Erbsen zu Mittag? Oder aber die wichtige Frage, wie man einen Liverfunctiontest korrekt vorbereitet.
Wer jetzt denkt dass, das spätestens nach einem Monat nicht mehr spannend ist, er irrt. Uganda bleibt auch nach rund 30 Tagen ein (alltägliches) Abenteuer. Da fällt es auch nicht so sehr ins Gewicht, wenn die Wochenenden noch etwas ruhiger ausfallen und mit Freunden beim gemeinsamen fernsehen, sowie mikado- und schachspielen verbracht werden, die Wäsche gemacht wird, oder geplante Aktionen, wie diesen Samstag, im Tropischen Regen davonschwimmen.
So habe ich immerhin Zeit, mich mal wieder zu melden und euch z.B. einmal zu beschreiben, wie ein normaler Arbeitstag im Reach Out so aussieht. Im Reach Out Kinawataka wohlgemerkt, denn seit letzter Woche ist mein Laborteam planmäßig aus der Hauptstation in Mbuya in diese nächste Außenstelle gewechselt, die sich im ärmeren Wohnviertel Kinawataka auf der anderen Seite des Mbuyahügels befindet. Dennoch beginnt mein Tag wie während meiner Arbeitszeit in Mbuya. Kein Wunder denn die Kirche in der die regelmäßig besuchte Morgenmesse stattfindet befindet sich genau dort. Morgenmesse um 7 Uhr, dass gehört nun mal dazu wenn man bei Missionaren wohnt. Da hilft nichts. Dass es morgens oft kein Frühstück gibt, kommt erschwerend hinzu, aber auch an das gewöhnt man sich ebenso, wie an das Aufstehen um sechs Uhr in aller Herrgottsfrühe. Immerhin sorgt der Besuch der halbstündigen Morgenmesse auch dafür, dass das Leben ein wenig leichter wird. Auf ganz irdische weise. Kaum ist nämlich die Messe zu Ende und ich bin die paar Schritte zum Reach Out Mbuya hinübergegangen, nutzen ich und einige andere Mitarbeiter die Tatsache aus, dass der Bus des Gemeindekindergarten den ganzen Hügel umrundet. So bringt er einen sehr bequem morgens bis zu Arbeit, wobei auch immer noch Fraglich ist, ob ich eine Halbstündigen Marsch mit leerem Magen überleben würde.
Auf der Arbeit angekommen beginnt der Arbeitstag mit einer Yoga genannten Dehnübung (ist aber eher eine Art wachhampeln), bevor es mit einer Andacht weitergeht, die aber in Kinawataka auf Luganda ist weswegen ich dort eher träume. Darauf folgen meistens Ankündigungen und die Schlagzeilen des Tages.
Danach geht es an die Arbeit. Von circa neun, bis um halb fünf am Nachmittag testen wir alles was uns die Ärzte in der Klinik vor die Nase setzen: Neben unseren Kernbeschäftigungen, dem Aidstest und dem Zählen der Helferzellen bei bereits positiv getesteten Patienten, prüfen wir diese auch oft auf Begleiterkrankungen wie Tuberkulose, Hepatitis und Malaria, sowie Parasiten und Syphillis. Aber auch Schwangerschaftstests und Impfungen nehmen wir gelegentlich vor. Hierbei ist äußerste Vorsicht geboten, zumal die meisten Patienten HIV positiv sind und wir ihnen oft Blut abnehmen. Deshalb wird im Labor auch äußerst stark Wert auf Hygiene und Ordnung gelegt und ich wundere mich manchmal, dass meine Hände auch nach dem zwanzigsten Mal Händewaschen noch intakt sind.
Unterbrochen wird diese Arbeit von zwei Pausen. Zum einen der zwanzig Minütigen Frühstückspause zwischen zehn und elf, bei der es Tee und ein Brötchen, meistens aber auch noch selbstgekaufte Leckereien gibt. Zum anderen von der vierzig Minütigen Mittagspause um halb zwei, zu der meist Reis mit Bohnen-Gemüsesoße und gelegentlich Poscho oder Fleisch gereicht werden.
So gestärkt geht es dann in den Nachmittag, an dem aber meist weniger zu tun ist und sich nur noch einige Verspätete Patienten bei uns im Labor einfinden. So kommt es auch mal vor, dass die späten Nachmittage beim gemeinschaftlichen Solitärspielen am Computer oder aber dem Konsum von Facebook verbracht werden. Denn wenn der letzte Patient versorgt, das Labor sauber und aufgeräumt und sämtliche Ergebnisse katalogisiert sind, ist es oft noch lange nicht Feierabend.
Hat die Uhr dann aber doch halb Fünf geschlagen, mache ich mich auf den Fußweg nach Hause. Eine halbe Stunde kreuz und quer über den Hügel und so komme ich je nach Wetterlage manchmal trocken, gelegentlich aber auch nass von Schweiß oder Regen zuhause an. Wenn ich danach nicht joggen gehen (meistens wen ich eh schon verschwitzt bin), sind dann jedoch die Abende entspannt. Oft ist jemand im Comboni Haus zu besuch, oder aber die Combonis selber sitzen im Wohnzimmer und vertreiben sich die Zeit mit Unterhalten oder, wenn Strom da ist, mit Fernsehen.
Dieses Programm kann sich, je nach Unterhaltungsgrad schon mal bis in den späten Abend ziehen, sodass mir oft nur die Nacht oder das Wochenende fürs chatten oder Blogschreiben bleiben. Zu kurz kommt dabei besonders der Schlaf, aber da kann man dann nichts machen.
In dieser oder ähnlicher Weise sind also nun die letzten Wochen wie im Flug vergangen und wenn das schon der erste Monat war, kommen mir die restlichen zehn viel zu kurz vor. Besonders um genügend Blog Einträge zu schrieiben ;-) .
Trotzdem war es das fürs erste mal wieder vor mir, aber bald gibt’s hoffentlich mehr.
Liebe Grüße vom Äquator,
Euer und Ihr,
Carsten